Der Verpackungsdialog 2024 widmete sich in diesem Jahr einem Thema, das für alle von brennendem Interesse ist: Wo und wie sollte KI eingesetzt werden, wenn man ganz vorne mit dabei sein will? Gerhard Kürner, Gründer und Geschäftsführer der KI-Beratung 506.ai und profil-Kolumnist, zeigte anhand konkreter Beispiele, in welchen Bereichen künstliche Intelligenz die Effizienz im Alltag vervielfacht. Den krönenden Abschluss bildete die Preisverleihung der Carton Austria Award 2024.
Horst Bittermann, Generaldirektor von Pro Carton, eröffnete den Abend gemeinsam mit Martin Widermann, Geschäftsführer von PROPAK Österreich.
Horst Bittermann gab anschließend einen kurzen Überblick über die Karton- und Faltschachtelindustrie. Wie schwierig die Situation ist, zeigt sich an der europäischen Nachfrage nach Karton: 2022 lag die Marktnachfrage bei 8 Millionen Tonnen Karton, 2023 waren es 25 Prozent weniger und 2024 sehen wir wieder einen zweistelligen Anstieg. Die Aussichten sind positiv: Für die nächsten fünf Jahre ab 2025 wird ein jährliches Wachstum von 3 Prozent prognostiziert. Diese Prognose liegt über dem aktuellen BIP, mit dem sich die Karton- und Faltschachtelproduktion im Allgemeinen parallel entwickelt. Außerdem wird erwartet, dass sich das BIP aufgrund der niedrigen Inflation und der Senkung der Leitzinsen erholen wird.
Auch im Hinblick auf die EU haben sich die Aussichten verbessert. Bei den Arbeiten an der neuen EU-Verpackungsverordnung (PPWR) konnte die Position von Verpackungen auf Faserbasis gestärkt und Möglichkeiten für den zukünftigen Ersatz von Kunststoff in einigen Bereichen geschaffen werden. Ein weiteres gutes Zeichen ist, dass die EU nun einen Kommissar für Kreislaufwirtschaft hat, was auf Verständnis für unsere Branche hoffen lässt, die insgesamt eine Recyclingquote von 82,5 Prozent erreicht hat. Spätestens seit dem Draghi-Bericht ist die EU insgesamt industriefreundlicher geworden.
Darüber hinaus hat sich Pro Carton neu positioniert: CEPI Cartonboard wurde in Pro Carton integriert und bezog ein gemeinsames Büro mit der ECMA (European Carton Makers Association) in Brüssel.
Beyond Limits - Künstliche Intelligenz in Wirtschaft und Gesellschaft
Gerhard Kürner, Gründer und Geschäftsführer von 506.ai , Vizepräsident AI Oberösterreich, Profil-Kolumnist
Im Allgemeinen ist die KI ein Assistenzsystem. Laut einer Studie von Goldman Sachs vor zwei Jahren werden fast alle Büroarbeiten, juristische Arbeiten, Architektur, Sozialwissenschaften, Management, Finanzen und sogar das Gesundheitswesen zu einem Viertel bis fast zur Hälfte von der KI übernommen werden. Am wenigsten betroffen sind dagegen die Bereiche Körperpflege, Bau, Reparatur, Transport und allgemeine manuelle Arbeiten.
In der Praxis bedeutet dies, dass die meisten kreativen Arbeiten mit der Unterstützung von KI viel schneller und oft auch besser ausgeführt werden können. Das Finanzunternehmen Klarna beispielsweise hat zwei Drittel seines telefonischen Kundendienstes durch KI ersetzt, was zu einer deutlichen Verbesserung geführt hat: Die Zahl der Zweitfragen ist stark zurückgegangen, und es gab überhaupt keine Drittfragen mehr! Klarna konnte mit KI 25 Prozent seiner Ausgaben für Marketingagenturen einsparen - und das trotz eines Milliardenumsatzes! Es ist daher nicht verwunderlich, dass laut Work Trend Index Bewerber mit KI-Erfahrung in Zukunft bevorzugt werden, sogar gegenüber Bewerbern, die bereits Erfahrung in dem jeweiligen Bereich haben.
Die technische Entwicklung ist extrem schnell. Noch vor eineinhalb Jahren hätte es beispielsweise bis zu acht Stunden gedauert, eine Stimme zu imitieren. Vor einem halben Jahr war es noch eine Stunde, heute sind es wenige Minuten und sehr bald Sekunden. Mit einfachen Aufforderungen, die aus ein paar Worten bestehen, können Sie jetzt nicht nur Bilder, sondern ganze Filme erstellen.
Für $25 und zwei Stunden Arbeit vor der Webcam kann ich meinen eigenen Avatar Vorträge in jeder beliebigen Sprache halten lassen. In einigen Monaten wird man diesem Avatar Fragen stellen können und er wird in der Lage sein, anhand von klar definierten Dokumenten - zum Beispiel von der PROPAK-Website - fachkundige Antworten zu geben. ChatGPT kann auch schon Bilder erklären, zum Beispiel welchen Schlüssel aus einem Werkzeugkasten man für eine bestimmte Aufgabe braucht.
Für die Industrie bedeutet dies, dass das Thema energisch, aber vorsichtig angegangen werden sollte und dass keine großen Investitionen getätigt werden sollten, die morgen schon überholt sein könnten. Die eine goldene Lösung gibt es nicht. Ganz im Gegenteil: KI unterstützt Arbeiten, die relativ "unsexy" sind. Sie kann zum Beispiel verschiedene Verträge vergleichen, Gesetzestexte erklären, Projektanträge auf Vollständigkeit prüfen, Projekttexte schreiben oder die Produktentwicklung unterstützen.
Vermeiden Sie ungezielte Ansätze, indem Sie zum Beispiel Mitarbeiter bitten, in ihrem eigenen Bereich nach Lösungen zu suchen. Stattdessen sollten Sie immer wieder kleinere, gezielte Projekte aufsetzen, vor allem dort, wo es wiederkehrende Prozesse gibt, denn KI lernt auch in Ihrem eigenen Bereich schnell dazu. Mit den ersten Erfahrungen wird die Zahl solcher Projekte im Unternehmen von selbst weiter wachsen.
Trotz allem sollte man immer kritisch bleiben, denn KI versucht auch dort Lösungen zu finden, wo ihr die Mittel fehlen. Da entstehen dann sogenannte "Halluzinationen", erfundene, falsche Ergebnisse.
Podiumsdiskussion
Gerhard Kürner, Margaretha Jurik, Martina Hörmer, Paul Leitner und Horst Bittermann
Im Anschluss an die Präsentationen fand eine lebhafte Diskussion mit Gerhard Kürner, Horst Bittermann, Martina Hörmer (Consulting for Green Brands), Paul Leitner (MM Premium Wien, Obmann PROPAK Austria Faltschachtelindustrie) unter der Leitung von Margaretha Jurik (Chefredakteurin, CASH Handelsmagazin ).
Ängste. Natürlich gibt es Befürchtungen darüber, wie viel von unserer Arbeit durch KI ersetzt werden wird. Jeder fragt sich das: Was kommt auf uns zu (Kürner)?
Verwendung. Erste Ansätze für den Einsatz in unserer Branche finden sich vor allem in der Preiskalkulation - zum Beispiel bei der Materialbewertung einzelner Produkte - und im Marketingbereich - bei der Erstellung von Videos und Broschüren. KI wird uns auch bei der Frage unterstützen, wo wir Kunststoffverpackungen ersetzen können (Leitner).
Heute würde ich mit Unterstützung von KI in den Bereichen Texte, Briefe, Protokolle, Konzepte, Brainstorming oder Weiterentwicklung von Ideen, Marketing, Texte zu bestimmten Themen, Anzeigen, Markenführung, Homepages, Marktforschung, Erforschung von Bedürfnissen, Essgewohnheiten, Produktentwicklung arbeiten. Das ist nicht revolutionär, aber es ist viel schneller (Hörmer).
Beim Lieferkettengesetz zum Beispiel könnte es in Zukunft nicht mehr nötig sein, alle Lieferanten zu fragen, ob sie es einhalten. KI kann auch helfen zu prüfen, ob eine Website alle erforderlichen Informationen enthält, also eine Art Rechtsberatung (Bittermann).
Rekrutierung. Wenn ein großes Unternehmen zahlreiche Bewerbungen erhält, kann KI genutzt werden, um Fragen für einen mehrstufigen Prozess zu entwickeln, der dabei hilft, trotzdem eine gute Entscheidung zu treffen (Kürner).
Die Rekrutierung beruht immer noch auf menschlichem Urteilsvermögen, aber in Zukunft wird es in jeder Generation 10 bis 15 Prozent weniger Menschen geben, und das bedeutet, dass uns die Mitarbeiter ausgehen werden. KI kann uns helfen, unsere Unternehmen attraktiv zu präsentieren und eigene Kampagnen zur Mitarbeitergewinnung zu entwickeln (Bittermann).
Einleitung. Bei kleineren Projekten können Sie die Investitionskosten niedrig halten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können von KI profitieren, weil es weniger unterschiedliche Abteilungen gibt. KI ist überall dort ideal, wo mit weniger Leuten mehr erreicht werden soll. Allerdings braucht man bei der Einführung eines Tools oft Unterstützung (Kürner).
Fälschung. Was die Authentizität von Informationen und Bildern angeht: Junge Menschen haben oft schon Erfahrung und wissen intuitiv, wo ein Verdacht entstehen könnte. Entscheidend ist aber immer der Absender: Fake News werden zunehmen, und letztlich hängt die Beurteilung der Authentizität einer Nachricht oder eines Bildes davon ab, ob man dem Absender vertraut (Kürner).
Award Zeremonie für die Carton Austria Award
Die Carton Austria Award zeichnete heuer bereits zum siebten Mal die besten österreichischen Faltschachteln auf dem europäischen Markt aus. Horst Bittermann, Martin Widermann und Paul Leitner bedankten sich gemeinsam bei der Fachzeitschrift CASH für die gute Zusammenarbeit, die die erfolgreiche Auszeichnung unterstützt, damit sie ein breites Publikum erreicht und zukünftigen Partnern zeigt, "was wir können."
Horst Bittermann (Pro Carton), Klaus Gatterbauer (MM Packaging), Roman Fastl, Oliver Moser (Art of Ice), Paul Leitner (MM Premium Wien, Vorsitzender PROPAK Österreich), Margaretha Jurik (CASH Handelsmagazin).
Zum ersten Mal in der Geschichte des Preises haben sich die Publikumsabstimmung und die Jury des Fachmagazins CASH für das gleiche Konzept entschieden: "Art of Ice" von MM Verpackung aus Karton von MM Karton und Papier .
Den Bericht über die Preisverleihung finden Sie unter hier .
Merken Sie sich den Termin vor: Der nächste Verpackungsdialog findet am 7. Oktober 2025 wieder um 17:00 Uhr im Restaurant Marx statt.